Aufarbeitung von „Emmas“ Fahrwerk geht in die Endphase

Geschrieben am um 19:04
Seit Sommer 2023 befindet sich auch das Fahrwerk der Vereinsdampflok 99 4721 „Emma“ in der RVE-Werkstatt im erzgebirgischen Marienberg. Dort soll es, wie auch die gesamte Lok, betriebsfähig aufgearbeitet werden. Mit Fördermitteln soll das Fahrwerk möglichst noch in diesem Sommer fertiggestellt werden. Anlässlich dieses Meilensteins informiert der Verein zum aktuellen Stand der Arbeiten.

Aufarbeitung von „Emmas“ Fahrwerk geht in die Endphase

Bei diesem Fertigstellungsgrad ergab sich nun einige Wartezeit für die Zulieferung verschiedener Bauteile, die extern bearbeitet wurden.

Zunächst eine kurze Rückblende: im Winter 2018/19 hat der Verein den offiziellen Startschuss zur betriebsfähigen Aufarbeitung der Dampflok 99 4721 (II) gegeben. Zuvor war die Frage nach der Neufertigung betrieblicher Unterlagen beantwortet worden, die Voraussetzung zur betriebsfähigen Aufarbeitung ist. Zunächst wurden Ersatzteile beschafft und in einem ersten Förderabschnitt der Kessel aufgearbeitet. Mit einer Kofinanzierung durch Lotto Sachsen-Anhalt und die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA) konnte in Kombination mit Spendenmitteln die Finanzierung der Fahrwerksaufarbeitung 2023 gesichert werden. Dazu wurde im Sommer letzten Jahres auch das Fahrwerk in die RVE-Werkstatt nach Marienberg gebracht.

Fahrwerksaufarbeitung

Das gesamte Fahrwerk wurde in seine Einzelteile zerlegt und als erstes der Hauptrahmen repariert (u.a. Ausbesserung von Schweißnähten) und neu lackiert. Stück für Stück wurden diverse Anbauteile begutachtet, bei Bedarf ausgebessert oder ausgetauscht und wieder montiert.

Zurück in Marienberg: die Radsätze. Neben der Umrissbearbeitung sind hier neue Treibzapfen und Gegenkurbeln zu sehen.

Im Zuge der Vorbereitung der Arbeiten an den verschiedenen Baugruppen traten jedoch Schäden zu Tage, die so nicht erwartet wurden. Bei der Ultraschallprüfung der Radsätze zeigten sich Risse am Übergang von der Gegenkurbel zum Treibzapfen – offenbar wurde dort zuvor schon einmal per Schweißung repariert. Da ein endgültiger Abriss im laufenden Betrieb horrende Schäden an der Dampfmaschine nach sich ziehen würde, sind wir mit den Experten aus Marienberg einstimmig dazu gekommen, diese Partie neu anzufertigen. Die vergleichsweise unorthodoxe Konstruktion, Treibzapfen und Gegenkurbel in einem Werkstück vorzufinden, wurde dabei nicht reproduziert – sondern wie bei anderen Maschinen gleicher und ähnlicher Bauart in verschraubter Ausführung

Dass die Kurbel (samt Treibzapfen) zunächst ausgepresst werden musste, hat schließlich das Einspannen des Treibradsatzes auf der Radsatzdrehmaschine überhaupt erst ermöglicht. Mit Hilfe externer Firmen und der Lokwerkstatt Oberwiesenthal konnte der Treibradsatz mittlerweile nahezu komplettiert werden: nach dem Auspressen der alten, nicht mehr zu verwendenden Zapfen wurde die Umrissbearbeitung der Radreifen vorgenommen, bevor neu konstruierte und gefertigte Treibzapfen eingepresst werden und Gegenkurbeln montiert werden konnten.

Ein großes Dankeschön soll an dieser Stelle auch an die Parkeisenbahn Chemnitz gehen: nachdem sich herausstellte, dass wir neue Gegenkurbeln brauchen würden, wurden uns kurzerhand dort lagernde Rohlinge angeboten, die an der Chemnitzer Lok nicht verwendbar waren. Auch wenn sich schließlich herausstellte, dass sie für unsere Type „Preller“ maßlich nicht ganz passen, sind es doch solche großartigen Hilfsangebote, mit denen Projekte wie dieses überhaupt erst stemmbar werden!

Im Zuge der Arbeiten an den Radsätzen wurden auch neue Achslager gegossen – die bisherigen zeigten Ausbesserungen und Abnutzungserscheinungen, die darauf hindeuteten, mit ihnen nicht mehr langfristig glücklich zu werden.

Montage der neuen Kolben.

Als eine weitere Baustelle erwiesen sich die Kolben: sie sind aus mehreren Teilen mit Niet-Schweiß-Verbindungen zusammengebaut worden und hätten sich kaum zerstörungsfrei prüfen lassen. Ob diese Bauart von der Reparatur in Rumänien oder von einer früheren Reparatur stammt, ist nicht bekannt. So wurde auch hier auf Neufertigung entschieden.

Entsprechend gab es mehrere Baugruppen, die extern zu bearbeiten waren. Kürzlich sind die meisten von ihnen einbaufertig in Marienberg angekommen. Daher sind alle Projektbeteiligten frohen Mutes, dass die Montage des Fahrwerks nun in den nächsten Wochen zügig voranschreiten kann. Aktuell sind bereits die neuen Kolben eingesetzt und erste Teile der Steuerung wieder montiert.

Wie geht es dann weiter?

Unser Ziel ist, dass nach Abarbeitung des Fahrwerk-Bauabschnitts nahtlos weitergearbeitet werden kann. Dazu hat der Verein einen weiteren Förderantrag eingereicht. Es wird dann ein neuer Aschkasten gefertigt und in den Rahmen eingelassen, um danach den aufgearbeiteten Kessel aufzusetzen. Nach der „Hochzeit“ wird Emma also wieder zu einem größeren Werkstück. Danach kann dann der Endspurt eingeleitet werden, der nochmals einige Herausforderungen bergen wird.

Es werden weiterhin Spenden und Unterstützung benötigt

Die Spendenaktion „Emma soll wieder dampfen“ nach Crowdfunding-Vorbild läuft parallel weiter. Das hat bisher sehr erfolgreich in Kombination von Spenden- und Fördermitteln geklappt:

Dafür möchte ich im Namen aller Vereinsmitglieder an dieser Stelle den Unterstützenden nochmals ein riesiges Dankeschön aussprechen! Auf diese Weise sind bereits mehr als 65.000 € von mehr als 300 Spendern zusammengekommen – das ist mehr als für jedes andere Einzelprojekt in der Vereinsgeschichte. Zusammen mit den Fördermitteln wird beim Gesamt-Finanzierungsstand aktuell die Marke von 200.000 € überschritten.

Die Steuerung auf der rechten Seite wird nach und nach komplettiert.

Auch für die noch ausstehenden Baugruppen werden jedoch erhebliche Mittel benötigt. Wir werden versuchen, den bewährten Weg der Finanzierung fortzusetzen und so auch Zusammenbau und Komplettierung der Maschine zu ermöglichen. Da heißt auch: bitte spendet weiterhin für das Projekt. Wir werden nach Kräften versuchen, die gegebenen Mittel furch Förderungen zu mehren!

Darüber hinaus wird der Verein parallel von vielen Fachkundigen und Wohlwollenden unterstützt – in Magdeburgerforth wieder Dampfbetrieb zu etablieren heißt ja nicht nur, eine Lok aufzuarbeiten: es braucht Infrastruktur vor Ort, um die Lok behandeln und betriebsfähig halten zu können. Gleichermaßen will ein regelmäßiger Einsatz personell abgesichert sein. Diesbezüglich hat kürzlich ein weiteres Vereinsmitglied den Kesselwärter-Lehrgang erfolgreich absolviert.

Wann wird „Emma“ wieder dampfen?

Die bei der Demontage systematisch befüllten Teileboxen rücken für den Zusammenbau des Fahrwerks nun wieder in den Fokus.

Einen genauen Termin für die Inbetriebnahme wird noch niemand seriös vorhersagen wollen. Mit Blick aufs kommende Jahr steht dem Verein mit „25 Jahre KJI e.V. und 60 Jahre Letzte Fahrt der Kleinbahn“ im September 2025 ein großes Doppeljubiläum ins Haus. Natürlich wäre es das absolute Sahnehäubchen, wenn wir 99 4721 (II) zu diesem Fest dampfend wieder in Magdeburgerforth begrüßen könnten. Wir alle wissen aber auch, dass bei der historischen Technik Unwägbarkeiten lauern können – gesichert ist also noch nichts, doch diese Zielmarke verfolgen wir optimistisch weiter und treiben die Planung und Arbeiten parallel in diese Richtung voran.

Im letzten großen Bauabschnitt werden Zusammenbau und Inbetriebnahme der Lok im Mittelpunkt stehen. Das wird auch noch die Aufarbeitung mancher Baugruppe beinhalten und die Vervollständigung der Druckluftbremse, die das Einzelstück „Emma“ so bisher nicht hatte. Wir sind optimistisch, auch das gemeinsam mit unseren fachlichen und finanziellen Unterstützern zu stemmen.

Benjamin Ebrecht, KJI e.V.
Im Juli 2024

Der Verein freut sich über weitere Unterstützung auf dem Weg, bis „Emma“ in Magdeburgerforth dampfen kann. Zur Spenden-Seite: https://www.kj-1.de/emma-soll-wieder-dampfen/

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